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"Her mit dem Würfel und los mit dem Schreiben!"

Kurzgeschichte: Funkstille

Die referenzierte Medienquelle fehlt und muss neu eingebettet werden.
Zum Geburtstag habe ich ein Buch bekommen, das heißt „Schreib! Schreib! Schreib!“ Ich war etwas skeptisch, denn es sollte zum Schreiben motivieren (das hat sich jetzt wahrscheinlich schon jeder gedacht) und ich war mir nicht sicher, ob das wirklich so leicht geht. Doch schon auf der ersten Seite bekam ich eine ganz gute Idee für eine Geschichte (ob sie wirklich gut ist, werdet ihr sehen, wenn ihr weiterlest). Man sollte sich nämlich seine Hauptperson zusammenwürfeln, was ich dann auch tat. Zweimal sollte ich würfeln, um herauszufinden, wie alt meine Person sein soll, dann noch einmal, um ihr einen Wohnort zu geben. Die Frage, was sie dabei hat und was ihr düsteres Geheimnis ist, wurde auch einfach mit einem Werfen aus dem Handgelenk beantwortet. Na? Werdet ihr feststellen können, was bei mir alles heraus kam? Let's go!

Schweigend betrachtete ich das zersplitterte Display, während ich durch die dunkle Stadt lief. Es nieselte und zitternd zog ich mir die Kapuze meines gelben Anoraks über den Kopf. Ich hätte vielleicht doch das Auto nehmen sollen, doch soweit es ging, mied ich das Fahren, seit mir damals ...
„Ring!“, mein Handy klingelte (zum Glück war wenigstens dieses unversehrt). Am anderen Ende der Leitung war ein guter Freund aus der Uni, der sich fragte, wo ich denn bliebe. Unterricht schwänzen war sonst eher nicht so mein Ding, doch das hier war viel zu spannend um stattdessen heute die langweilige Vorlesung besuchen zu müssen. Ich meine, wann fand man schon einmal ein altes, kaputtes Smartphone auf der Straße? Okay, sooo spannend klingt es auch nicht, ich weiß, aber es stellte trotzdem eine angenehme Abwechslung zu meinem eher eintönigen Studentenleben da.


Es war ein uraltes Modell. Vielleicht ein Samsung S3 mini. Ohne Akku, aber die Simkarte war noch dabei. Ich entschied mich dafür, dem nächsten Saturn einen Besuch abzustatten und mir für ein paar Euro einen neuen Akku zu besorgen. So einer konnte ja nicht so teuer sein!
Zwei Stunden später (ich hatte noch fünf andere Geschäfte besuchen müssen, um endlich fündig zu werden) und mit 15€ weniger in der Tasche, setzte ich mich auf die nächste Bank. Der Nieselregen hatte sich verzogen und sogar ein schwacher Sonnenstrahl durchbrach die Nebeldecke! Jetzt wurde es spannend! Ich hatte Rätsel schon geliebt, als ich klein war und mit diesem Smartphone ging wahrhaftig ein kleiner Wunsch in Erfüllung. Gespannt setzte ich den Akku in die für ihn vorgesehene Einkerbung und schnappte begeistert nach Luft, als eine weiße Schrift auf dem bisher schwarzen Display erschien. Ich hatte es geschafft! Bald würde ich wissen, wem dieses Handy gehörte und es ihm vielleicht sogar zurück bringen können! Ich wartete ... und wartete ... Diese Alten Geräte brauchten aber auch lange, um hochzufahren. Da! Endlich tat sich etwas! Ich drückte auf den Homebutton und mir wurde tatsächlich Zugriff auf den Homebildschirm gewehrt. Das war ja nicht zu fassen! So viel Glück war doch eigentlich unmöglich. Ich hatte mich schon drauf eingestellt, ab dem Punkt enttäuscht zu werden, ab dem mir entweder der Hinweis „Sie haben nur noch einen Versuch“ oder „Bitte versuchen sie es später erneut“ angezeigt werden würde. Das richtige Passwort zufällig parat zu haben, wäre dann ja doch sehr unwahrscheinlich gewesen ... Doch um nun herauszufinden, wo ich das Smartphone abgeben konnte, musste ich nur noch in die Kontaktliste schauen. Einer gewissen Sarah P. gehörte das Gerät. Irgendwie kam mir dieser Name bekannt vor, doch ich konnte ihn nirgends so richtig zuordnen ... „Aber nicht mehr lange!“, sagte ich mir und stieg in die Nummer 8, die mich direkt in die Ambrosiusstraße führen sollte.

Mein Herz klopfte laut vor Aufregung. Die Hand erhoben, bereit zum Klingeln. Ein 23-jähriger Mann sollte sich nicht so anstellen, das wusste ich, doch aus irgendeinem Grund war mir etwas mulmig zu Mute. Das hier war die Gegend, in der ich früher mit meinen Eltern gelebt hatte und es war komisch nach fünf Jahren wieder hier zu stehen. Egal, dachte ich und drückte den Klingelknopf. Als die hübsche junge Frau öffnete, stockte mir der Atem. Warum war mir diese Möglichkeit nicht gleich in den Sinn gekommen? Sarah P., natürlich! „Du?“, rief sie überrascht. „Was machst du denn hier und was fällt dir ein, nach sechs Jahren wieder hier aufzukreuzen?“
Verlegen reichte ich ihr das Handy und wollte mich schon zum Gehen wenden, als sie nach meiner Kapuze griff und mich zurück zog. Sag mal, konnte sie vielleicht Karate? Aber nein: „Warte doch! Paulchen war eh ein böses Vieh. Ich habe nie verstanden, warum meine Mutter ausgerechnet diese Katze haben wollte. Ich war dir damals fast dankbar, dass du sie überfahren hattest!“ Sie lachte glucksend. Überrumpelt und mit offenstehendem Mund, schaute ich sie an. Was erzählte sie da? Ich hatte immer gedacht, ich hätte ihr das Herz gebrochen, kurz nachdem ich meinen Führerschein in der Tasche hatte und mir dieses Missgeschick (milde ausgedrückt) passiert war. Aus diesem Grund hatte ich mich auch nie mehr getraut, ihr zu sagen, wie gern ich sie eigentlich hatte. „Wollen wir einen Kaffee trinken gehen?“, rutschte es also nun aus mir heraus, bevor ich mich stoppen konnte.

Geschrieben von:
Carolin Kunert
Geschrieben am:
Kategorien:
Schülerzeitung